Abschied und Aufbruch nach 25 Jahren
Neukirchens Pastor Michael Thermann wurde am Sonntag entpflichtet.
Zweifellos gehört Sankt Antonius in Neukirchen zu den schönsten Kirchen in Ostholstein. Der Bau aus dem 13. Jahrhundert mit seinen historischen Malereien im Innern wird von alten Linden umkränzt und bildet den Mittelpunkt des Dorfes. Das Gemeindeleben ist rege, das Engagement der Ehrenamtlichen hoch. Wer hier als Pastor vor der Zeit weggeht, muss einen wirklich guten Grund haben.
Pastor Michael Thermann (63) hat einen solchen. Er wurde am ersten Advent in einem feierlichen Gottesdienst mit Hunderten Gläubigen von Propst Dirk Süssenbach von seinen Aufgaben entpflichtet und geht in den Ruhestand. Thermann will seinen Beitrag leisten, dass der neu gegründete Pfarrsprengel Wagrien auch personell einen Neustart wagen kann. Pastorin Jacqueline Tiziana Juny (27), seit wenigen Wochen in Großenbrode im Amt, ist die erste junge Pastorin in der Region, die für diesen Neustart steht. In Heiligenhafen und Neukirchen stehen die Pfarrstellen nun ebenfalls zur Neubesetzung an.
Pastor Thermann geht nach 25 Jahren als Pastor in Neukirchen. So ein Vierteljahrhundert, auch das ist ein guter Zeitpunkt für einen Wechsel. Geboren wurde er im niedersächsischen Oldenburg, doch weil er Kindheit und Jugend in Lübeck verbrachte, ist die Hansestadt für ihn auch seine eigentliche Heimat. Dort hat er auf dem Travekanal übrigens viele Kilometer als begeisterter Ruderer zurückgelegt.
Dass er Pastor werden würde, war lange Zeit nicht abzusehen. Obwohl sich vielleicht schon etwas hätte ahnen lassen, als er als 17-Jähriger mal einen Kindergottesdienst für 110 Kinder leitete, weil der Pastor kurzfristig ausfiel. Doch sein Elternhaus war naturwissenschaftlich geprägt und Glaube galt eher als verdächtig. Entsprechend wollte Michael Thermann zunächst Arzt werden. Doch das Gespräch mit einem Freund, der in der Pathologie arbeitete und tagtäglich mit Menschen zu tun hatte, die durch Krankheit plötzlich aus dem Leben gerissen wurden, ließ ihn zögern. Wer steht in solchen Situationen den Betroffenen, den Angehörigen bei?, fragte der Freund. Und so machte sich Michael Thermann auf die Suche nach Antworten zu Fragen von Tod und Sterben – und auf die Suche nach einer Antwort auf die Frage nach dem Danach.
Sein Theologiestudium absolvierte er in Marburg, Bethel, Tübingen und Kiel. „Es war mir wichtig, unterschiedliche theologische Ausprägungen kennenzulernen“, sagt der Pastor. Direkt nach dem Studium – die Hürden in den Beruf waren hoch – absolvierte er zwei Gemeindepraktika in Lübeck, nicht als Pastor, sondern als Küster. Es war die Zeit, als er seiner Frau Gesine, die er von frühester Kindheit her kannte, wieder begegnete und sie schließlich auch heiratete. Mit ihr hat er drei Kinder, und zwei Enkelkinder haben die beiden inzwischen auch.
Sein Vikariat absolvierte er, schon fast 30 Jahre alt, in Flensburg-Weiche und übernahm dann seine erste Pastorenstelle in Neuengörs bei Bad Segeberg, wo er acht Jahre blieb. Seine Begeisterung für die Jugendarbeit – und seine Gitarre – brachte er nach Neukirchen mit, als er dort 1998 zum Pastor gewählt wurde. Jugendliche waren es auch, die nach einem Strandgottesdienst – mitunter nahmen 500 Menschen daran teil – auf ihn zukamen und fragten, ob er nicht auch bei anderer Gelegenheit mal Musik machen würde. So entstanden der Gospelchor und später das weit über die Region hinaus ausstrahlende Gospel-Festival.
Was ihn in den 25 Jahren am meisten Freude bereitet hat? Michael Thermann zögert nicht: Es ist die Zusammenarbeit mit Gemeindeteam und den Menschen in der Gemeinde, die ihm am Herzen lag. Die drei Kirchenvorsteher Dieter Walch, Helmut Wulf und Hermann Godt nennt er namentlich, sie seien „großartige Helfer“ gewesen. Thermann: „Ich habe hier sehr viel Erfüllendes erlebt und freue mich, wenn jetzt ein Aufbruch in eine neue Zeit gelingt.“
Geschrieben am:
1. Dezember 2023