„Superbraves Pferd“ ist ökumenisch unterwegs

Eutin/Zarnekau. Am Samstag wird in Eutin St. Martin gefeiert. Der Laternenumzug führt von der katholischen Kirche nach St. Michaelis.

Wolly (18) kam der frischen Luft wegen in den Norden. In seiner Frankfurter Reitschule, in der er sich über Jahre hinweg seinen täglichen Hafer verdiente, sah man ein, dass der dunkelbraune Wallach dringend mal eine Luftveränderung benötigte. Zu viel Abgase – für Wolly war die Großstadt nicht geeignet. Jetzt lebt er auf einer Weide in der Nähe von Zarnekau zwischen Eutin und Neustadt. Ruhig steht er da zusammen mit zwei Stuten, die im Unterstand Schutz gesucht haben.
Pferdewirtin Stefanie Verhoeven (30) aus dem nahen Bujendorf ist froh, dass sie Wolly ein neues Zuhause anbieten konnte. „Er ist viel draußen, hat keine Atemwegsprobleme mehr und macht hier seinen Rentenjob mit Petra, zottelt ab und zu mal durch den Wald und ist, glaube ich, ziemlich glücklich“, erzählt sie. Petra heißt mit ganzem Namen Petra Fischer (59) und ist die sogenannte „Reitbeteiligung“ von Wolly. Dabei beteiligen sich Pferdebegeisterte an Unterhalt, Pflege und täglicher Bewegung eines Pferdes, das ihnen nicht selbst gehört.
Wolly ist wohl ein Hannoveraner, aber das weiß keiner so genau. Ist auch egal. Jedenfalls für seinen neuen Job als Pferd des heiligen St. Martin, bei dem Petra Fischer ihn an der Spitze eines sehr, sehr langen Zuges mit vielen Laterne gehenden Kindern am 11. November ab 17 Uhr von der katholischen Kirche St. Marien (Plöner Straße 44) über den Markt und die Kreisbibliothek nach St. Michaelis reiten wird.
Petra Fischer sitzt zum dritten Mal im Sattel beim Martinsumzug. In Zeiten von Corona wurde pausiert, aber das ist ja zum Glück vorbei. Die ehemalige Unternehmerin hat gute Kontakte zur evangelischen Gemeinde und zu Pastor Philipp Bonse, mit dem sie erst im Frühjahr auf dem Jakobsweg war. Als sie vor Jahren erstmals gefragt wurde, ob sie nicht den heiligen Martin spielen könne, sagte sie sofort Ja – vorbehaltlich der Zustimmung von Stefanie Verhoeven als Besitzerin.
Die wird auch diesmal wieder mit dabei sein. „Ohne Stefanie würde das gar nicht gehen, weil Wolly transportiert werden muss und aus Sicherheitsgründen immer jemand vorne mitgehen muss“, so Fischer. „Ich bin ja auch ein bisschen nervös und Wolly sicherlich ebenso.“ Hunderte kleine und große Menschen, Laternen, Blaulicht: Pferd und Reiter müssen da die Ruhe bewahren.
Als in Bujendorf auch mal ein Martinszug stattfand, habe Wolly ein bisschen die Geduld mit den Menschen verloren, weil alles zu lange dauerte, bevor es losging. „Das mochte er tatsächlich alles gar nicht so“, sagt Pferdewirtin Verhoeven. Aber wenn sie nicht das Zutrauen in ihr Pferd und Freundin Petra Fischer hätte, würde sie es nicht wagen. Denn Wolly sei letztlich „ein superbraves Pferd“. „Er macht da seinen Job eigentlich ziemlich gut“, weiß sie aus der Erfahrung der letzten beiden Male.
So lange Wolly mitmachen kann, wird er wohl dabei bleiben. „Man will die Tradition am Laufen halten. Nicht jedes Pferd macht das mit vor dieser Menschenmenge im Dunkeln mit Blaulicht und Laternen.“ Aber für Verhoeven und Fischer ist auch klar: „Wir sind wirklich froh, wenn wir wieder alle heil zu Hause sind.“

Geschrieben am:

8. November 2023

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