„Zufall ist ein Synonym Gottes“

Hansühn/Hohenstein. Vielleicht ist es in Königshügel, einem 160-Seelen-Dorf nordwestlich von Rendsburg, sogar noch etwas ländlicher als in Hansühn und Hohenstein. Von daher sei es für ihn „kein großer Sprung“ nach Ostholstein, im Gegenteil: „Da fühle ich mich wohl“, sagt Patrick Pulsfort. Als Pastor im Probedienst wird er am 27. April von Bischöfin Nora Steen in Schleswig ordiniert, bevor er dann ab Mai in den beiden Kirchengemeinden im Kirchspiel Bungsberg tätig sein wird. Sein Vorstellungs- und Begrüßungsgottesdienst wird am Mittwoch, 7. Mai um 18.30 Uhr in der Christuskirche in Hansühn gefeiert.

Als er sechs Jahre alt war, sagte seine Mutter, so wie er spreche, werde er gewiss mal Politiker oder Pastor. Und in einer Familie, in der christlicher Glaube keine Rolle spielte, hätte die Politik womöglich näher gelegen. Zumal Patrick Pulsfort schon früh eine Neigung zum Journalismus und zum Radio entwickelte. Als Zwölfjähriger eine eigene Sendung im Internet, später im Lokalradio. Und dann waren da noch die drei Jahre vor dem Abitur in Rendsburg, als er Mitarbeiter in der Jugendredaktion der Lokalzeitung war – nichts deutete auf ein Theologiestudium hin. Das änderte sich erst, als er seine Vorliebe für Frankreich entdeckte – ausgerechnet über France Gall und ihren auf Deutsch gesungenen Schlager „Zwei Apfelsinen im Haar und an der Hüfte Bananen“ von 1968. Die Sprache des Nachbarlands, bis dahin eher lästige Schulpflicht, wurde zu seinem großen Hobby, ebenso die französische Kultur. Radiokorrespondent in Frankreich, so lautete sein Berufsziel. Was lag da näher, als sich eine französische Brieffreundin zu suchen und im Auftrag des Deutsch-Französischen Jugendwerks für zwei Jahre ehrenamtlich als Gruppendolmetscher in Marseille zu arbeiten? An der Mittelmeerküste hatte er ein Erlebnis: „Ich war gerührt von der Schönheit der ganzen Küste und wollte beten. Aber ich war eher esoterisch geprägt, und da gab es keinen persönlichen Gott. Ich kam mir blöd vor und hatte den Eindruck, diesen Empfänger für meine Gebete, den gibt es gar nicht so richtig.“

Es fügte sich, dass er bald darauf in einem Imbiss eine junge Frau traf, die sich als Ute aus Köln vorstellte. Mit ihr kam er über Gott und die Welt ins Gespräch, wortwörtlich – und nicht ohne Folgen. Es entwickelte sich eine Freundschaft und schließlich bei Patrick Pulsfort der Wunsch, an einem Glaubenskurs in Utes evangelisch-reformierter Kirchengemeinde teilzunehmen, an dessen Ende er feststellte: „Gott hat mich ohne Vorbehalte zu sich gezogen, ich gehöre jetzt für mich dazu und will das auch zeigen, indem ich mich öffentlich taufen lasse“, erinnert sich der Theologe, der damals gerade 20 Jahre alt war. Und da halbe Sachen nicht sein Ding sind, entschloss er sich, sein kommunikatives Talent künftig statt im Radio, lieber „mit der Verbreitung der Botschaft von Jesus Christus zu verbinden“, wie er sagt. Er schrieb sich an der theologischen Hochschule Augustana in Neuendettelsau bei Nürnberg ein, wo er sein Grundstudium absolvierte. Es folgten zwei Auslandssemester in Montpellier, einige Semester in Göttingen und schließlich 2023 das Examen in Hamburg. Denn Pulsfort wollte in der Nordkirche arbeiten, in einer Gemeinde in Mecklenburg-Vorpommern. Grund dafür war ein Film von 2022 über Erich und Margot Honecker. Der hatte ihn sehr beeindruckt, genauer gesagt, Pastor Uwe Holmer und dessen Frau, die in dem Film eine besondere Rolle spielen. Sie hatten Honeckers Anfang 1990 in Lobetal bei Berlin für einige Wochen Asyl in ihrem Haus gewährt, als sich die Behörden nach Erich Honeckers Absetzung im Oktober 1989 um deren Leben sorgten und sich keine Bleibe für sie fand. Holmers lebten später im Landkreis Rostock, wo Pulsfort sie während seines Vikariats in einer Rostocker Innenstadtgemeinde persönlich kennenlernte.

Vieles hat sich auf fast wundersame Weise gefügt im Leben von Patrick Pulsfort. „Zufall ist ein Synonym Gottes“ ist ein Satz, den er gerne mit einem Augenzwinkern sagt. So war es auch mit dem Kennenlernen seiner Frau über Instagram, noch so eine kuriose Geschichte voller Zufälle und Fügungen, von denen der Theologe eine ganze Reihe zu erzählen weiß. Als das Paar Ende vergangenen Jahres Timmendorfer Strand als Ort der  standesamtlichen Trauung – die war Anfang April – festlegte, wusste Pulsfort noch nicht, dass er eine Probedienststelle in Ostholstein angeboten bekommen würde. Übrigens ganz in der Nähe vom Hansapark, wo das junge Paar sein erstes Rendezvous hatte.

Mit Blick auf seine bevorstehenden Aufgaben glaubt der Theologe über das Predigerseminar „ein Gespür dafür bekommen“ zu haben, „wie wichtig es ist, dass wir es zulassen, dass Gemeinden ein eigenes Profil entwickeln. Das „kirchengemeindliche Vollprogramm“ an allen Standorten, „das wird sich auf lange Sicht nicht bewerkstelligen lassen, weil uns die Ressourcen fehlen“, ist er überzeugt. Von daher hofft er auf ein gutes Interagieren mit den Gemeinden von Lensahn und Schönwalde und den Pastoren Jörg Reimann und Hans Hillmann. Nicht jeder könne alles machen und außerdem nicht alles gleichermaßen gut. Pulsfort: „Ich glaube, wenn wir uns von diesem Anspruch frei machen und gucken, wo die Talente der Einzelnen sind, dann kriegen wir das gut hin.“

v.l.n.r. Pröpstin Christine Halisch, Patrick Pulsfort und Bischöfin Nora Steen

Ordination im Dom zu Schleswig am 27.04.2025. Foto: Kira Kutscher / Nordkirche

Geschrieben am:

28. April 2025