Reaktion auf die ForuM-Studie zu sexualisierter Gewalt
Die Ergebnisse der am Donnerstag, 25. Januar 2024 vorgestellten Studie zu sexualisierter Gewalt in der evangelisch-lutherischen Kirche erfüllen viele kirchliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch in Ostholstein mit Scham und Entsetzen. Es wird einige Zeit dauern, um die Ergebnisse der Studie in all ihren Dimensionen zu erfassen und entsprechende Konsequenzen zu ziehen.
Es gibt einen Dissens zwischen den Machern der Studie und den Landeskirchen mit Blick auf die zugelieferten Daten. Die Nordkirche versichert uns, dass in die Untersuchungen 7000 Personal- als auch Disziplinarakten unter Berücksichtigung der Persönlichkeitsrechte und des Datenschutzes einbezogen wurden.
Die Studie hat einen umfangreichen Katalog an Empfehlungen zusammengestellt, die zu bearbeiten sein werden. Auch der Kirchenkreis Ostholstein und seine Kirchengemeinden sind gefordert, Verantwortung zu übernehmen. Unsere Präventionsarbeit zielt darauf ab, die Anzahl von Taten zu minimieren bzw. sie ganz abzuwenden. Uns ist bewusst, dass sexualisierte Gewalt trotz unserer präventiven Maßnahmen auch in Zukunft vorkommen kann und möglicherweise auch vorkommen wird – aber wir wollen tun, was wir können, um es potenziellen Tätern und Täterinnen so schwer wie möglich machen.
Pastor Frank Karpa, zuständig für Männer- und Familienarbeit im Kirchenkreis Ostholstein, hat sich seit Bekanntwerden der Missbrauchsfälle von Ahrensburg dafür engagiert, dass das Thema sexualisierte Gewalt mit hoher Priorität durch den Kirchenkreis bearbeitet wird. Er hatte seinerzeit die 40-seitige Zusammenfassung der Expertenkommission zu den Ahrensburger Fällen gelesen und kam zu dem Schluss: „Jeder machte es dort offenbar so, wie er oder sie es für richtig hielt: Mir wurde deutlich, wie unprofessionell mit Vorwürfen umgegangen wurde.“
Bereits 2015 wurde im Kirchenkreis ein Arbeitskreis zur Prävention gegen grenzverletzendes Verhalten gegründet, dem auch Pastor Karpa angehörte. 2017 wurde der Arbeitskreis per Kirchenkreisratsbeschluss institutionalisiert. Er besteht in der Regel aus zehn Personen, die eine thematische Expertise mitbringen.
Der Arbeitskreis entwickelte Module für die Schulung von haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und eine Rahmenordnung für ein Schutzkonzept des Kirchenkreises. Dieses Schutzkonzept zum opfergerechten Umgang mit sexualisierter Gewalt im Kirchenkreis wurde im Oktober 2016 vom Kirchenkreisrat beschlossen. Es beinhaltet unter anderem ein Präventionskonzept sowie einen Interventionsplan, der präzise vorgibt, wie im Falle von gemeldeten Verdachtsfällen zu verfahren ist.
Zentral ist dabei die Berufung von zwei unabhängigen externen Meldebeauftragten (ohne Dienstverhältnis zum Kirchenkreis). Sie sollen sicherstellen, dass Verdachtsfällen nachgegangen wird und nichts unter den Teppich gekehrt werden kann. 2018 wurden Katha Kreitlow und Eberhard Jänsch-Sauerland für diese Aufgabe berufen.
„Mir und meinen Kolleginnen und Kollegen war von Beginn an wichtig, dass wir durch solche Maßnahmen dafür sorgen, dass sich solche Fälle wie in Ahrensburg nicht wiederholen. Für mich persönlich ist das seither ein echtes Herzensanliegen gewesen. Doch leider sind die Ergebnisse der Studie auch für uns ein echter Schlag ins Kontor, weil sie zeigen, dass sich das Systemversagen bis heute fortgesetzt hat“, so Karpa.
Mittlerweile sind nicht nur sämtliche Pastoren und Pastorinnen in der Thematik geschult, sondern auch alle Mitarbeitenden des Kirchenkreises und natürlich alle hauptamtlich in der Kinder- und Jugendarbeit Tätigen. Von den Kirchengemeinden des Kirchenkreises, die selbst über den Kreis der Teilnehmenden entscheiden, haben mittlerweile etwa Zweidrittel (23 von 36 Kirchengemeinden) die achtstündige Schulung durchlaufen. Karpa: „Wir wären da gern schon weiter, aber Corona und auch die Neuordnung der Kirchengemeinderäte nach der letzten Wahl haben bisher verhindert, dass wir schon alle Gemeinden in der Thematik ausgebildet haben.“ In der Jugendleiterausbildung (Juleica) gehört die Präventionsarbeit zu den wesentlichen Kursinhalten, sodass auch die Ehrenamtlichen in diesem sensiblen Arbeitsfeld umfassend geschult werden.
Geschrieben am:
26. Januar 2024