Plädoyer für Menschenwürde, Freiheit und Gleichheit

Eutin. Es war ein deutliches Zeichen für Demokratie und Vielfalt, das die Menschen am Samstagmittag in der Eutiner Innenstadt setzten. Nach Polizeiangaben rund 2000 Menschen reihten sich ein in eine lange Menschenkette, die sich durch die ganze Innenstadt – von der Peterstraße, über den Markt, St. Michaelis und zurück bis in die Peterstraße – bildete. Viele reckten als Zeichen der Vielfalt Regenschirme in den Farben des Regenbogens in die Höhe.

Ein breites Bündnis aus Gesellschaft, Kirche und Politik hatte dazu aufgerufen, sich vor der Bundestagswahl am 23. Februar für Demokratie und Menschenrechte zu positionieren. „Nie wieder ist jetzt“ und „Demokratie, Menschenrechte wählen“ stand auf den Plakaten, aber auch „Kein Pakt mit Faschisten“ und „Die echten Probleme lassen sich nicht abschieben“.

Als sich die Menschenmenge später auf der Wiese zwischen Landesbibliothek und Schloss sammelte, ergriff zunächst Stefan Grützmacher, einer der Organisatoren und Pastor in der Kirchengemeinde Eutin, das Wort. Er mahnte, es nicht zu einer Situation wie 1933 kommen zu lassen, als die Nationalsozialisten die Macht ergriffen. „Ich warne vor Torheiten: den Verächtern von Freiheit und Vielfalt die Hand zu reichen, zu glauben, man könne sie einhegen oder zur Vernunft bringen. Ich warne auch ausdrücklich davor, die Sprech- und Denkweisen der Rechtsextremen zu übernehmen“, so Grützmacher. Alle, die mit dem Gedanken spielten, eine der Parteien zu wählen, die die Abschaffung von Demokratie und Vielfalt planten, wolle er zurufen: „Besinnt euch! Lasst euch nicht instrumentalisieren!“ Demokratie sei kein Selbstläufer, deshalb „erwarten wir von den demokratischen Parteien, dass sie respektvoll miteinander umgehen und konstruktiv zusammenarbeiten.“ 

„Oma Nico“ von den „Omas gegen Rechts“ erklärte: „Wir alle stehen hier, weil unsere Demokratie gefährdet ist und weil wir gegen Hass und Hetze sind. Wir stehen hier für Menschlichkeit.“ Und, so rief sie unter dem Applaus der Anwesenden: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Niemand solle denen „nachlaufen, die uns vorgaukeln, es gäbe einfache Lösungen für die komplexen Probleme in unserem Land. Die gibt es nicht.“

Wulf Rohwedder von der Eutiner Tafel verwies auf die zahlreichen beschmierten Wahlplakate der demokratischen Parteien. Wer das beobachte, „der hat einen kleinen Vorgeschmack darauf bekommen, was diese Gruppen vorhaben: Jeder, der nicht ihrer Meinung ist, wird ausgestrichen, ausgelöscht, als Person vernichtet.“ Eine Pauschalkritik an der Politik nütze nur jenen, „die in einer offenen und toleranten Gesellschaft ein Hindernis für ihre eigenen Ziele sehen. Wählen zu gehen, ist daher nicht nur ein Privileg, sondern auch eine Verpflichtung, heute mehr denn je“, so Rohwedder.

Pröpstin Christine Halisch griff als letzte Rednerin diesen Gedanken auf. Jede Wählerin, jeder Wähler trage „Verantwortung dafür, dass wir diejenigen in den Bundestag wählen, die die Demokratie stützen – und nicht diejenigen, die die Demokratie aushöhlen oder zerstören wollen.“ Und: „Wir erheben unsere Stimmen um zu zeigen, wie bunt unsere Stadt und unser Landstrich ist“, rief sie unter dem Applaus der Menschen. Bei der Wahlentscheidung gehe es – unabhängig von den einzelnen Parteiprogrammen – darum, „dass die Grundprinzipien der freiheitlichen Demokratie gewahrt bleiben: die unantastbare Würde des Menschen und die Freiheit und Gleichheit aller Menschen. Dieser Dreiklang ist auch die Grundlage der christlichen Ethik und ist für mich als Christin, als Pröpstin und als Vertreterin der Kirche in Ostholstein nicht verhandelbar“, sagte sie.

Unter den Teilnehmern waren unter anderem Eutins Bürgermeister Sven Radestock (Grüne), Kreispräsidentin Petra Kirner (CDU), der SPD-Fraktionsvorsitzende im Kreistag, Thomas Garken und die SPD-Bundestagsabgeordnete Bettina Hagedorn. Der Kirchenkreis Ostholstein war mit Pröpstin Halisch, Propst Dirk Süssenbach und Präses Peter Wendt vertreten, ebenso waren zahlreiche Aktive aus den Kirchengemeinden und dem Kirchenkreis gekommen. 

Geschrieben am:

15. Februar 2025