„Nicht mit den christlichen Grundwerten vereinbar“

Bischöfin Steen und Propst Süssenbach wenden sich gegen Pläne von Rechtsextremisten.

Die von Rechtsextremisten geschmiedeten Pläne, Menschen mit Migrationshintergrund zu vertreiben, haben klare Ablehnung in weiten Teilen der Bevölkerung hervorgerufen. Viele gehen dafür auf die Straße. Auch die evangelisch-lutherische Kirche positioniert sich.

Bischöfin Nora Steen wendet sich in einem Bischöfinnenwort direkt an die Menschen in den Kirchengemeinden des Sprengels Schleswig und Holstein: „Wir sind gegenwärtig mit Entwicklungen konfrontiert, die uns hellhörig machen müssen. Rechtsradikale Kräfte gefährden mit ihren strategischen Plänen unsere Demokratie. Wenn die Würde des Menschen auf einmal antastbar zu werden scheint, müssen wir wach sein. Wir dürfen nicht zulassen, dass sich die schlimmsten Kapitel unserer Geschichte wiederholen“, schreibt sie. Und weiter: „Im Markusevangelium ruft Jesus die Menschen mit den Worten ‚Jetzt ist die Zeit…’ zu einem veränderten Leben auf. Daran anschließend will ich jede und jeden von uns dazu ermutigen, ein Zeichen zu setzen – für Vielfalt, Freiheit und Gerechtigkeit.

Viele gehen in diesen Tagen für diese Werte auf die Straße, auch an diesem Wochenende. Das ist wichtig. Zugleich kommt es auch auf unsere Haltung im Alltag an. Es gilt, wachsam zu sein und uns zu allen Gelegenheiten zur Vielfalt in unserer Gesellschaft und zur Demokratie zu bekennen.“

Auch Propst Dirk Süssenbach bezog für den Kirchenkreis Stellung: „Das Bekanntwerden eines Plans für eine sogenannte „Remigration“ – ein unsägliches und technisiertes Wort, das zu Recht als Unwort des Jahres gebrandmarkt wurde – hat mich tief erschüttert. Gemeint ist nichts anderes als Vertreibung. Die Menschenverachtung, die in diesem Plan zum Ausdruck kommt, entsetzt mich“, so Süssenbach. Dass Vertreterinnen und Vertreter einer Partei, die in vielen deutschen Parlamenten säße und von der einige Landesverbände vom Verfassungsschutz als „gesichert rechtsextrem“ eingestuft würden, an einer solchen Veranstaltung teilgenommen haben, bei der überdies ein bekannter Rechtsextremist als Redner geladen war, gebe Anlass zu größter Sorge. „Parteipolitik ist nicht Sache der Kirchen ebenso wenig wie Wahlempfehlungen. Doch aus meiner Sicht muss Kirche klar erklären, dass die von Teilen der AfD propagierte Art und Weise des Umgangs mit Menschen anderer Nationen, mit Menschen anderer Herkunft und anderen Glaubens nicht mit den christlichen Grundwerten vereinbar ist. Eine solche Haltung und die damit verbundenen rigorosen Grundeinstellungen gefährden den gesellschaftlichen Frieden und sind mit der Achtung der Menschenrechte unvereinbar. Aus meiner Sicht stehen sie auch dem Geist des Grundgesetzes diametral entgegen. Umso mehr danke ich den Christinnen und Christen auch aus unseren Gemeinden in Ostholstein, die sich auf Demonstrationen, im Privaten oder auf andere Weise klar positionieren und gegen jegliche Form menschenverachtender Politik Stellung beziehen“, so der Kirchenkreisratsvorsitzende.

Süssenbach weiter: „Die evangelische Kirche ist leider nicht unbelastet im Umgang mit solcher Politik, auch nicht in Ostholstein. Fragwürdige Haltungen hat es zu Zeiten des Nationalsozialismus und in den Nachkriegsjahren zum Beispiel auch in der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Eutin gegeben, als die mangelnde Distanzierung von nationalsozialistischem Gedankengut zunächst nicht kritisch aufgearbeitet wurde. Seinerzeit sind wir mitschuldig geworden. Die Synode des Kirchenkreises Ostholstein hat dies in einer am 5. Mai 2017 verabschiedeten Erklärung festgestellt und ihre Mitschuld bekannt; Umso wichtiger ist es, dass wir darin festgehalten haben: ‚Aufgrund der Erfahrung aus der deutschen NS-Geschichte sehen wir nicht weg, wenn die Freiheit und das Leben anderer bedroht werden, und stehen denen tägig bei, die als Flüchtlinge Schutz vor Verfolgung und Diskriminierung suchen.’ Ich fordere deshalb alle Menschen guten Willens dazu auf, sich aktiv gegen Rechtsextremismus einzusetzen.“

Geschrieben am:

19. Januar 2024